Medien-Zirkus - We:Tube

Das Konzept "We:Tube" geht aus meiner Doppelbiographie als Filmemacher und Pädagoge hervor. Von jeher übten die audiovisuellen Medien ihren Reiz auf mich und andere aus – als Medium, künstlerisches Gestaltungsfeld und Mittel der Publikation.

Aus meiner Lehrtätigkeit an diversen Privatschulen und meinem sozialpädagogischen Engagement im Bereich Gewalt-Prävention an Schulen im Auftrag des Kinderschutzbundes München ist mir die Lebendigkeit des integrativen, selbstgesteuerten (Projekt-)Lernens ebenso erfahrbar geworden wie die zentrale Bedeutung von "Mitte" für den sozialen Raum, also den Gemeinschaftsprozess in Gruppen, Klassen, Schulen, Organisationen und Gesellschaft.

Diese "Mitte" unterliegt keiner Methode, sie kann nicht "gemacht" oder künstlich hergestellt werden. Daher läßt sich ihre Erreichung auch nicht didaktisch vermitteln oder methodisch erlernen.
Diese "Mitte" ist der Mensch selbst.
Kein Kind interessiert sich für oder reagiert auf Methoden oder Didaktik.
Das Kind will den Menschen sehen.
Dies gilt für alle Ebenen und Altersstufen sozialer Gemeinschaft und gesellschaftlicher Organisationen und Gruppierungen:
Der Jugendliche will den Menschen sehen.
Die Gesellschaft als Ganzes will im Eigenen wie im Fremden den Menschen sehen.

Insofern ist "We:Tube" bloß ein Konzept, das den projektbezogenen integralen Ansatz einer medien=sozial-pädagogischen Arbeitsweise beschreibt.

Es kommt auf den Menschen in der Durchführung an.

Mein Credo war immer das "kalkulierte Abenteuer": Ein Aufbruch zu Horizonten, zu gestalterischen Visionen, und ein manchmal mühsamer Weg bei der Umsetzung. Auf dem Weg trifft man auf Gefährten und Gefahren, auf zu überwindende Hürden und auf neue Freunde. So entstanden die meisten meiner bisherigen Projekte.

"We:Tube" war eine Antwort auf die Beobachtung an Grundschulen, daß beim Lösen von Konflikten und beim Vermitteln von Konfliktlösungs-Modellen heutzutage oftmals die Grundlage einer an der nicht-medialen Wirklichkeit sozialisierten Wahrnehmung beim Schulkind fehlt - gerade dort, wo diese Grundlagen am meisten gebraucht werden.
Wahrnehmung wird erlernt – pausenlos, an der Wirklichkeit von Materie, Stoff, Hindernissen, Erfolgen, an Eltern, Geschwistern, Spielkameraden, Umgebung. Und zwar durch lebendiges Spiel, durch Tun und Reagieren in der Wirklichkeit, der physischen und sozialen Realität.
Jede beliebige Zeitdauer, die an technische Medien abgegeben wird, bindet den unablässigen Strom des Lernens des werdenden Menschen an dieses Medium und seine Bedingtheiten. Unabhängig von den Inhalten (die als verzerrter Realitäts-Balast hinzukommen) sind die Bedingtheiten gemessen am natürlichen Reichtum des Lebens so stark eingeschränkt und einschränkend, daß der werdende Mensch auf die Dauer durch diese stark konditioniert bzw. depriviert wird. Menschliche Kommunikation und Interaktion trifft später zunehmend auf fehlende elementare Grundlagen der Wahrnehmung. Selbst das "Gute" (z.B. einer Bildungs-, Präventions- oder Interventionsmaßnahme) kann dann oftmals nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen, wenn dieser "Boden" selbst nie der Wirklichkeit angemessen ausreichend bereitet wurde.

Die Idee von "We:Tube", aktive Projektarbeit mit technischen Medien ("Wir machen einen Film!") mit sensibler und sorgfältiger sozialpädagogischer Gruppenarbeit zu verbinden, entsprang dieser Beobachtung. Es geht zum einen um Medienkompetenz und Erlernen und Reflektieren der Eigenschaften des medial vermittelten Raums. Es geht zum anderen um den konkreten Raum, der während einer Arbeit miteinander geteilt wird – einem Raum, der von Wertschätzung, Inspiration, Zusammenhalt und Reflexion und vielen anderen Aspekten getragen wird. Es ist vor allem ein authentischer, gemeinsamer Raum, der seelische Kräfte freisetzen will und zugleich zutage tretende negative Aspekte der Gruppe nicht unbeantwortet läßt, sondern behutsam und liebevoll reflektiert, um mit der Gruppe um des Werkergebnisses willen daran weiterzugehen und zur Bewältigung sozialer Verwerfungen beizutragen.